Reisevorbereitungen
Dezember 2021
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Es ist jetzt schon zwei Jahre her, dass wir zu einer Kreuzfahrt in See gestochen sind.
Es war am 21. Dezember 2019, als wir auf der ARTANIA in Hamburg zu einer Weltreise aufgebrochen sind, die bis zum 9. Mai 2020, also 141 Tage, dauern sollte.
Aber durch Corona kam alles anders.
Am 14. März 2020 in Sydney/Australien gab die Reiseleitung bekannt, dass die Weltreise abgebrochen wird und die ARTANIA direkt nach Bremerhaven zurückfahren wird.
Wegen Corona wurden nach und nach überall auf der Welt die Häfen geschlossen, sodass eine Fortsetzung der Weltreise tatsächlich keinen Sinn mehr gemacht hätte.
Die Passagiere konnten entscheiden, ob sie sofort von Sydney nach Hause fliegen oder mit der ARTANIA gemächlich nach Bremerhaven zurück schippern wollten.
Wir entschieden uns für die Rückreise mit ARTANIA, die ca. 4 Wochen dauern sollte.
Die ARTANIA lag noch einige Tage in Sydney, um Lebensmittel und Treibstoff zu bunkern und am 18.3.2020 hieß es "Leinen Los – Kurs Bremerhaven!“.
Allerdings war einige Tage später, nämlich am 25. März, Schluss mit lustig. Da einige Passagiere Fieber und grippeähnliche Symptome aufgewiesen hatten, wurden in Fremantle/Australien, wo wir noch mal Treibstoff nachtanken wollten, bei den fiebrigen Patienten Coronatests durchgeführt und am heutigen Tag meldete das Labor in Fremantle: "Test positiv!“.
Wir Passagiere wurden in Quarantäne auf unsere Kabinen geschickt und nach einigen Tagen der Ungewissheit wie es weitergehen sollte gelang es Phoenix, mit Hilfe des Auswärtigen Amts, alle Passagiere am 29.3.2020 mit vier Charterflugzeugen von Condor aus Fremantle nach Frankfurt zu evakuieren.
Das Ganze habe ich sehr ausführlich in meinem Reiseblog "Einmal um die Welt - diesmal ostwärts“ geschildert.
Hier der Link zum Blog: https://2020.pehoelzer.de.
Zum Zeitpunkt des Abbruchs dieser Weltreise 2019/2020 hatten wir bereits zwei weitere große Reisen mit ARTANIA gebucht, nämlich
- “Rund um Afrika“ (Dezember 2020 bis April 2021) und
- “Weltumrundung mit MS Artania“ (Dezember 2021 bis Mail 2022).
Die Afrikareise wurde von Phoenix im Oktober 2020 abgesagt; die Absage der Weltumrundung erfolgte dann im August 2021. Beide Reisen wurden um jeweils 2 Jahre verschoben.
Verständlich, dass wir durch die Absagen und der Abstinenz von Seefahrt und Planken unter den Füßen doch unter starken Entzugserscheinungen litten, sodass wir uns im September 2021 entschlossen, die Reise "Weihnachten und Neujahr im sonnigen Süden“ auf der ARTANIA zu buchen.
In 24 Tagen von Hamburg über Spanien und Portugal, mit einem Abstecher nach Agadir/Marokko zu den Kanaren und wieder zurück.
Zur Zeit dieser Buchung dachte niemand (zumindest wir nicht) so richtig an die 4. Corona-Welle. Außerdem hat Phoenix für die Kreuzfahrten ein umfangreiches Hygienekonzept auf den Schiffen installiert, was uns überzeugt hatte, ohne allzu große Bedenken diese Reise zu buchen.
Heute (11. Dezember 2021) sieht das etwas anders aus. Ob wir heute immer noch buchen würden? Fraglich!
Aber stornieren wäre auch nicht so prickelnd, schließlich freuen wir uns ja wie die Schneekönige, wieder Schiff fahren zu können. Zudem betragen die Stornierungskosten so kurz vor Reisebeginn 85 % des Reisepreises, die auch nicht durch die Reiserücktrittsversicherung gedeckt sind.
Ob vielleicht Phoenix die Reise doch noch absagen wird, ist auch nicht von der Hand zu weisen.
Die vorherige geplante Reise der ARTANIA (30.11 – 19.12.2021), mit einem ähnlichen Routenverlauf wie dem unsrigen, wurde von Phoenix wenige Stunden vor Abfahrt am 30.11. gecancelt. Bei der Ankunft in Bremerhaven wurden nämlich 10 Besatzungsmitglieder und 2 Passagiere positiv auf Corona getestet.
Zum Zeitpunkt der Absage waren die meisten Passagiere bereits in Bremerhaven angereist bzw. befanden sich auf der Anreise.
Diese sehr kurzfristige Absage von Phoenix wurde in den sozialen Medien heiß diskutiert.
Die einen wussten, dass Behörden kurzfristig ein Auslaufen untersagt hätten. Andere wussten, dass die Absage alleinige Entscheidung von Phoenix gewesen wäre.
Woher diese Schreiberlinge ihr Wissen oder Unwissen bezogen, blieb weitgehend im Dunkeln.
Seltsam ist aber tatsächlich, dass es bereits während der Reise Coronafälle gegeben hat und in Lissabon Infizierte von Bord gingen bzw. gehen mussten. Warum nicht da schon die Reise abgebrochen wurde bzw. warum die Reise fortgesetzt werden konnte, ist mir bis heute nicht bekannt. Da konnte mir bisher auch Facebook nicht weiterhelfen.
Soviel der Blick zurück. Aber wie wird die kommende Reise?
Noch liegt die ARTANIA in Bremerhaven, da sie ja die Reise, die am 30.11. starten sollte, nicht angetreten hat, die aber in Hamburg hätte enden sollen und wo unsere Reise beginnen soll.
Aber ich bin zuversichtlich, dass jemand von der Reederei daran denkt, die ARTANIA noch nach Hamburg zu schicken.
Heute (12.12.2021) meldeten die Nachrichtenagenturen, dass die 400 Crew-Mitglieder der ARTANIA in Kiel von der Seemannsmission ihre Booster-Impfung erhalten haben.
Wir werden mit einem von Phoenix organisierten Bus von Frankfurt/Main nach Hamburg reisen. Bereits hier werden die Corona-Maßnahmen greifen. Die Sitzplätze werden fest zugeordnet und es herrscht Maskenpflicht.
Vor dem Einchecken in Hamburg muss nachgewiesen werden, dass man vollständig geimpft ist (wir sind sogar beide schon geboostert) und wir müssen einen negativen Test vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden ist. Kostenlose Testmöglichkeiten soll es am Kreuzfahrtterminal geben, aber wir werden uns schon zu Hause testen lassen, da am Terminal sicher ein großer Andrang herrschen könnte, schließlich werden ca. 800 Passagiere erwartet.
Auf der ARTANIA wird auch nicht alles so sein, wie wir es von den früheren Reisen gewohnt sind. Maskenpflicht überall, solange man rumläuft und nicht irgendwo sitzt.
Das Lido-Buffet-Restaurant hat kein richtiges Buffet mehr, sondern hinterm Tresen stehen Crew-Mitglieder (mit Maske), denen man zeigt, was sie auf die Teller aufbringen sollen.
Auch das Frühstücksbuffet in den Restaurants wird es nicht geben, sondern man äußert beim Kellner seine Wünsche und dieser wird dann hoffentlich das bringen, was man bestellt hat.
Die abendlichen Shows in der Atlantik-Lounge werden am Abend zweimal aufgeführt, um die Zuschauerzahl jeweils zu halbieren.
Ob individuelle Landgänge möglich sein werden oder ob wir nur in innerhalb einer "ARTANIA-Blase“ von Bord dürfen, ist abhängig von den lokalen behördlichen Vorschriften und die können, wie man weiß, sich stündlich ändern. Zurzeit sind individuelle Landgänge möglich und wir hoffen sehr, dass es so bleibt. Die von Phoenix angebotenen organisierten Landausflüge sind nicht so unser Ding, wie die Leser meiner früheren Blogs sicherlich wissen.
Wir haben für Lissabon und Funchal zusammen mit einem befreundeten Ehepaar im Internet bereits jeweils einen lokalen Führer gebucht. Solche individuellen Landgänge sind weitaus angenehmer als solche innerhalb einer 50-köpfigen Phoenix-Meute.
Ob das vom Vulkanausbruch gebeutelte La Palma wie geplant angelaufen wird, wage ich eher zu bezweifeln. Ich fände auch keinen Gefallen an einer Art Katastrophen-Tourismus.
Und denkbar ist auch, dass Agadir/Marokko (geplant 27.12.2021) von der Liste der Destinationen gestrichen wird. Laut Auswärtigem Amt wurden bis mindestens 31.12.2021 sämtliche Flug- und Fährverbindungen von den marokkanischen Behörden ausgesetzt. Da wird sogar ein Kapitän Morten Hansen sich fügen müssen.
Zu den Reisevorbereitungen gehört natürlich auch die Planung für die Heimreise am Ende der Kreuzfahrt.
Für die Anreise haben wir ja den von Phoenix organisierten Bus gebucht, obwohl man mit der Bahn schneller und bequemer nach Hamburg kommt. Aber wenn bei der selbstorganisierten Bahnanreise etwas schiefgeht, ist der Dampfer weg, denn der wartet dann nicht auf uns. Aber auf den Phoenix-Bus wird die ARTANIA warten.
Für die Heimreise von Hamburg nach Eschborn haben wir bereits Fahrkarten für den Zug gekauft – Sparpreisangebot. Statt dem regulären Pries von 412,40 € für zwei Personen in der 1. Klasse zahlen wir zusammen nur 67,80 €, allerdings mit Zugbindung und keinerlei Stornierungs- oder Umbuchungsmöglichkeit. Das heißt, wir dürfen nicht allzu viel Verspätung bei der Ankunft haben und die Reise sollte auch nicht vorzeitig abgebrochen werden, denn dann ist unser Ticket lediglich Altpapier. Aber wie sagt man so schön: No risk – no fun. :-)
Ich möchte es aber auch diesmal nicht versäumen, Ihnen an dieser Stelle die beiden Lästermäuler Statler und Waldorf vorzustellen. Wann immer sie hier in diesem Blog auftauchen werden, habe ich etwas zu kritisieren oder glaube einen Grund zu haben, ganz einfach mal zu meckern oder vom Leder ziehen zu müssen.
So, jetzt ist der Teil "Reisevorbereitung“ doch ganz schön lang geworden. Ich hoffe die folgenden Blogeinträge werden etwas unterhaltsamer.
1. Reisetag – Sonntag 19.12.2021 – Anreise nach Hamburg (Deutschland)
Der Anreisetag ist, genau wie der Abreisetag, der unangenehme Teil einer Kreuzfahrt. Der eigentliche Urlaub beginnt erst, wenn die Rettungsübung absolviert ist und bis dahin ist es zum Zeitpunkt des Aufstehens (5:00 Uhr) noch seeehr lange hin.
Das Taxi kam pünktlich um 7:00 Uhr und brachte uns nach kurzer Fahrt (knapp 20 Minuten) zum Frankfurter Flughafen. Dort stand auch schon der Reisebus bereit, der uns nach Hamburg bringen würde. Die Busfahrerin wuchtete die vielen und schweren Gepäckstücke in den Laderaum des Busses, während die Bus-Stewardess die Impfpässe bzw. die QR-Codes der Corona-Impfungen kontrollierte. Die Reisebedingungen besagten nämlich, dass nur vollständig Corona-Geimpfte an der Kreuzfahrt teilnehmen können.
Die Verpflegung im Bus war OK und die Fahrt nach Hamburg-Altona zum Kreuzfahrt-Terminal verlief problemlos.
Bevor wir das Terminal betreten durften, wurde Fieber gemessen und die Impfzertifikate noch einmal überprüft.
Nach erfolgreicher Absolvierung der Einlasskontrolle mussten wir uns alle einem Corona-Schnelltest unterziehen. Auch die, die auf Empfehlung von Phoenix schon zu Hause einen Test (nicht älter als 24 Stunden!) haben machen lassen.
Nächste Station war der Check-In, ebenfalls noch im Hafengebäude - Abgabe der Reise-Pässe, Anfertigen eines Fotos, Ausdrucken des Bordausweises - und schon ging es weiter zur Handgepäckkontrolle.
Die Koffer selbst wurden automatisch von unsichtbaren Geistern vom Bus direkt in die Kabine verfrachtet.
Dann endlich, endlich bestiegen wir die Artania. Auf allen Reisen zuvor wurden die Gäste nach kurzer Begrüßung durch den Kreuzfahrtdirektor von einer Kabinenstewardess oder einem Kabinensteward, die zu Dutzenden in "Habt-acht-Stellung“ auf die eintrudelnden Passagiere warteten, auf ihre Kabinen geführt. Heute aber nicht. An strategischen Kreuzungspunkten standen Crew-Mitglieder, die man nach dem Weg fragen konnte.
In Corona-Zeiten ist eben auf dem Schiff vieles anders. Und wir sind gespannt, von welchen liebgewonnenen Gewohnheiten wir noch Abschied nehmen müssen. Aber das war uns bei Buchung der Reise bereits klar. Und die zu erwartenden Besonderheiten werden wahrscheinlich einen breiten Raum hier im Blog einnehmen, denn die Schilderungen über Frühschoppen, Gala-Abende und sonstige "Kreuzfahrt-Standards“ habe ich ja bereits in meinen früheren Blogs in epischer Breite beschrieben. Natürlich werden treue Blogleser dennoch die ein oder andere Wiederholung vorfinden. Für mich als Schreiberling besteht die Schwierigkeit, die Balance zwischen "alles Beschreiben“ und "fasse Dich kurz“ zu finden.
Wir hatten wieder dieselbe Kabine gebucht, wie auf unseren vergangenen Artania-Reisen (4243 Saturndeck – Holzklasse), sodass wir den Weg dorthin fanden, ohne einen der aufgestellten Lotsen fragen zu müssen.
In der Kabine angekommen, wurden sofort Erinnerungen an die mehrtätige Quarantäne wach, die wir erst hier verbringen mussten, als es im März 2020 vor Australien einige Corona-Fälle an Bord gab, bevor fast alle Passagiere mit Hilfe des Auswärtigen Amtes und Phoenix von Fremantle nach Frankfurt in 4 Condor-Maschinen ausgeflogen wurden (siehe Reiseblog 2020.pehoelzer.de).
Verstärkt wurde diese Erinnerung auch dadurch, dass wir erst einmal unsere Kabine nicht verlassen durften, da wir noch das Ergebnis des Schnelltests abwarten mussten.
Diese Wartezeit (fast 1 ½ Stunden) nutzten wir ein wenig für die unbeliebtenTätigkeit, die Koffer aus- und die Schränke und Schubladen einzuräumen.
Endlich, so gegen 17:30 Uhr, kam die erlösende Durchsage, dass alle Insassen des Bus Numero 5 (das war der unsrige) negativ getestet wurden und wir uns frei auf dem Schiff bewegen dürften.
Die neu gewonnene Freiheit nutzten wir zugleich, um uns in das Restaurant "4 Jahreszeiten“ zu begeben (innerhalb des Schiffs immer mit Maske). Dort wurde die Kaffeestunde, die eigentlich um 17:00 Uhr beendet sein sollte, verlängert. Bei dieser Kaffeestunde trafen wir auf die nächste Corona-Einschränkung. Statt sich Kuchen oder Plätzchen vom Buffet zu holen, mussten wir unsere Auswahl anhand einer Speisekarte treffen und diese einem der emsigen Kellner mitteilen. Unsere Wahl fiel auf Stollen mit Plätzchen. Im Gegensatz zum Buffet hat man hier alerdings nur sehr geringe Einflussmöglichkeiten auf die Bestellmenge.
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte oder eine Angabe in Gramm oder Kalorien.
Die Rettungsübung ging diesmal schnell vonstatten, da darauf verzichtet wurde, die Passagiere im Gänsemarsch nach draußen aufs Promenadendeck zu den Rettungsbooten zu führen.
Der Höhepunkt dieses langen Tags war mit Bestimmtheit das Auslaufen. Wir ließen zunächst einem dicken AIDA-Pott den Vortritt, bis die Artania dann unter den Klängen der Auslaufmelodie den Liegeplatz verließ.
Das erste Ablegen bei einer Kreuzfahrt erzeugt bei uns immer ein ganz besonderes Glücksgefühl, schwer bis gar nicht zu beschreiben.
Vor dem Abendessen drehten wir noch eine Runde auf dem Promenadendeck. Sofort sind wir wieder im "Kreuzfahrer-Modus“, so als wären wir gar nicht über 1 ½ Jahre weggewesen.
2. Reisetag – Montag, 20.12.2021 – Seetag
Bereits gestern wurde bekannt gegeben, dass Agadir/Marokko nicht angelaufen werden kann (Marokkanische Behörden verbieten ein Einlaufen). Das kam allerdings nicht sehr überraschend, ich hatte eine entsprechende Vermutung ja bereits im Kapitel "Reisevorbereitungen“ geäußert.
La Palma steht aber immer noch auf dem Plan, der Vulkan soll sich ja wieder etwas beruhigt haben. Auch hier hatte ich eine Streichung dieser Destination prognostiziert.
Den heutigen Tag begann ich nach dem Frühstück, wie auch an den meisten Seetag bei vorherigen Reisen, mit Blog-Schreiben im "Büro“. Das "Büro“ ist die Bibliothek des Schiffs, die aber auch gleichzeitig als Spielzimmer eingerichtet ist. Hier wird man von der musikalischen Dauerberieselung verschont, wie sie in den diversen Bars erbarmungslos praktiziert wird. Allerdings wird der Raum gerade lautstark von einer fröhlichen Bridge-Runde beschallt, die sich mit lauten und alles durchdringenden Stimmchen prächtig amüsiert. Man kann manchmal eben nur zwischen Pest und Cholera wählen. Aber zumindest gibt es hier in der Bibliothek ordentliche Tische, während sich in Harry’s Bar die kleinen Cocktail-Tischchen nur suboptimal zum Arbeiten eignen.
Zum Mittagessen wollten wir eigentlich ins "Lido“, dem Buffet-Restaurant auf Deck 8 gehen. Allerdings ist dort der Buffetbetrieb nur eingeschränkt möglich. Man kann sich die Speisen nicht selbst auf die Teller packen, sondern am Buffet stehen Kellner, die das auf den Teller füllen, worauf der Gast zeigt.
Aber die riesig langen Schlangen vor den beiden Eingängen des Lidos schreckten uns ab und wir wichen auf das Restaurant Artania aus, das sich einige Decks tiefer befindet. Hier war die Situation weitaus entspannter. Erfahrungsgemäß dauert das Mittag- und Abendessen in den "Bedienrestaurants“ wesentlich länger als im Lido, da traditionell beim Kellner bestellt wird, der dann Vor- Haupt- und Nachspeisen am Tisch serviert.
So brauchten wir für die Einnahme von Suppe, Leberkäs‘ mit Spiegelei und etwas Obst zum Nachtisch mehr als eine gute Stunde. Aber wir haben ja Zeit.
Würde ich den Laptop auf das Bistrotischchen stellen müssen, um dort zu arbeiten, hätte ich nach spätestens 30 MInuten Rückenschmerzen. Aber dank des roten Knietablets ist eine halbwegs ergonomische Haltung möglich.
Am Nachmittag musste ich dann doch in Harry’s Bar für meine Schreib- und Fotoarbeiten ausweichen, weil für die Durchführung des mehrtägigen Skatturniers die Bibliothek komplett von den Skatbrüdern und -schwestern belegt wird. Da jeder Seetag auch Turniertag ist, muss ich wohl oder übel nachmittags Homeoffice oder Harry’s-Bar-Office machen, wenn ich am Blog arbeiten möchte.
Auch der Ablauf des heutigen Galaabends musste wegen Corona etwas abgespeckt werden. Vor der Vorstellung der Phoenix-Mannschaft, sowie Koch, Arzt, Kapitän und den wichtigsten Offizieren erfolgt normalerweise der Handshake mit dem Kreuzfahrtdirektor (Jörn Hofer) und dem Kapitän (Morten Hansen) mit anschließendem gemeinsamem Foto. Diese ausnehmend beliebten Punkte mussten zum Leidwesen vieler Passagiere (und des Bordfotografen, der die Bilder verkauft) ausfallen.
An den Galaabenden ist erfahrungsgemäß im Lido nicht sehr viel Betrieb, denn wenn die Passagiere sich schon in den feinsten Zwirn, den sie mitgebracht haben, zwängen, dann geht man auch gediegen in die "richtigen“ Restaurants speisen. So zumindest die Mehrheit.
Also konnten wir ohne irgendwo Schlange stehen zu müssen, uns am Buffet die Gala-Speisen auftischen bzw. auftellern lassen.
Der Tischwein (im Reisepreis inbegriffen) schmeckt übrigens noch genau so schaurig, wie eh und je. Er wird etwas verstohlen aus einem Tetrapack in Karaffen gefüllt und dann vom Getränkekellner am Tisch in die Weingläser eingeschenkt. Aber einem geschenkten Gaul …
Erfahrungsgemäß werde ich auf kurz oder lang wieder auf das stille Wasser (ebenfalls im Reisepreis eingeschlossen) umsteigen oder mir ein Bier oder ein Glas Riesling leisten.
Den Abend verbrachten Doris und ich in Harry’s Bar, wo wir eine Partie Scrabble spielten und einen koffeinfreien Kaffee (Doris) und ein Kölsch (ich) konsumierten.
Auch die folgenden Seetage werden ähnlich "spannend“ verlaufen, sodass die Berichte für diese Tage wahrscheinlich sehr viel kürzer ausfallen werden.
3. Reisetag – Dienstag, 21.12.2021 – Seetag
Zum Hygienekonzept von Phoenix gehört auch, dass von allen Passagieren täglich die Temperatur gemessen wird. Das Messverfahren ist schnell und effektiv. Zunächst wird ein QR-Code, der sich auf dem Bordausweis befindet, gescannt und anschließend die Temperatur gemessen – komischerweise nicht wie üblich an der Stirn, sondern unter dem Kinn. Das Messergebnis und die über den QR-Code erfolgte Identifizierung des Passagiers werden sofort automatisch in ein Computersystem an Bord übertragen.
Um unkompliziert möglichst viele Passagiere messen zu können, wurde beschlossen und verkündet, dies vor dem Betreten der Restaurants zum Frühstück durchzuführen. Die überschaubare Anzahl von Frühstücksverweigerern, Langschläfern und denjenigen, die fürs Frühstück den Kabinenservice nutzen, soll sich gegen 11:00 Uhr im Lobbybereich vor dem Restaurant „Vierjahreszeiten“ einfinden, um sich dort die Körpertemperatur messen zu lassen. So kann man täglich Passagiere mit erhöhter Temperatur herausfischen und auf Corona testen. Ein wirklich gutes Konzept.
Nur seltsamerweise war im Gegensatz zu den beiden vergangenen Tagen zur Frühstückszeit vor dem Restaurant „Artania“ niemand abgestellt, um die Ankömmlinge temperaturmäßig zu vermessen.
Später erfuhren wir vom Kreuzfahrtdirektor Jörn Hofer, dass der 2-köpfige Messtrupp vom Restaurant „Artania“ von der Restaurantleitung abgezogen wurde, mit der Begründung, dass im Restaurant selbst so viel zu tun gewesen wäre - wegen erhöhtem Passagieraufkommen sozusagen. Seltsam wiederum, dass um Viertel vor 9:00 Uhr, als Doris und ich zum Frühstück tappten, im Restaurant nur sehr wenige Frühstücker zu entdecken waren und die Frühstückszeit noch bis 9:30 andauerte.
Der Kreuzfahrtdirektor war (zu Recht) sauer, dass das Hygienekonzept auf diese Weise torpediert wurde.
Die Probleme zwischen „Einhaltung von Hygieneregeln“ und Restaurantbereich waren uns schon auf der „Coronafahrt“ der Artania im März 2020 aufgefallen. Dort sollte an den Eingängen der Restaurants ein Crew-Mitglied abgestellt werden, um allen Passagiere vor Betreten des Restaurants die Hände zu desinfizieren. Diese Regel wurde nur sehr halbherzig eingehalten. Der „Zerberus“, der den Passagieren die Hände desinfizieren sollte, wurde abgezogen bzw. war irgendwann verschwunden und die Flasche mit dem Desinfektionsmittel wurde hinter dem Schild mit den Öffnungszeiten des Restaurants versteckt.
Diese Art der Problematik ist meiner unmaßgeblichen Meinung nach auf ein „föderalistisches“ System auf dem Schiff zurückzuführen, genauso wie der Föderalismus in Deutschland mit seinen einzelnen Landesfürsten durch Kompetenzen-Wirrwarr zwischen Bund und Ländern in Sachen Corona immer wieder für Verwirrung sorgt.
Auf dem Schiff gibt es nämlich in der Hauptsache drei große Bereiche, die von drei verschiedenen Firmen bearbeitet werden, die völlig unabhängig voneinander sind.
- Der nautische, seemännische Bereich mit Kapitän, technischem Personal etc.
- Der Hotel- und Restaurantbereich in Verantwortung und Durchführung durch Mitarbeiter der Firma Sea Chefs Cruise Ltd (Zypern).
- Phoenix Reiseleitung. Dies sind allerdings gar keine „richtigen“ Phoenixmitarbeiter, sondern gehören einer Fremdfirma an, nämlich der Schweizer Firma DER Touristik Destination Service AG, die von dem eigentlichen Reiseveranstalter Phoenix beauftragt ist.
Anscheinend gibt es hier manchmal erhebliche Reibungsverluste.
Ausschnitt aus dem Blogeintrag vom 24.3.2020
Der "Sprayer" am Eingang des Restaurants war nicht mehr da (abgezogen worden?) und die Flasche mit dem Desinfektionsmittel war gut versteckt, ...